‹Basler Jahrbuch› (1879–1959), ‹Basler Stadtbuch› (1960–heute) und ‹Basler Chronik› (1882–heute) sind ein reicher Fundus zur Basler Geschichte. Seit seiner Digitalisierung ist er ein nützliches Werkzeug zur zeitgemässen Archivierung, Verbreitung und Vermittlung von Wissen. In der Rubrik ‹Stadtbuch persönlich› berichten Nutzerinnen und Nutzer der Online-Plattform über ihre Recherchen.
Dominik Heitz: Widerstand zwecklos
Als vor fünf Jahren das gedruckte Stadtbuch zum letzten Mal erschien, war ich enttäuscht und – ja – auch etwas verärgert. Ich konnte den Entscheid nicht nachvollziehen, dass dieses Basler Jahrbuch inskünftig nur noch auf einer Online-Plattform erscheinen und nicht mehr greifbar in Händen sein sollte.
Aus einem Gefühl der Empörung heraus beschloss ich deshalb, der neuen elektronischen Datenbank den Rücken zu kehren. Regelmässig eintreffende Mails der Stadtbuch-Redaktion zu neuen Schwerpunktthemen ignorierte ich anfänglich kategorisch.
Doch mein Widerstand hielt nicht lange. Gerade bei Recherchen im Internet zu lokalen historischen Themen tauchten da plötzlich und immer wieder Artikel aus alten Stadtbüchern auf – Beiträge, die mir sehr nützlich waren.
Jüngst war das bei einem meiner «Stadtjäger»-Artikel der Fall. Auf der Suche nach Informationen über das Haus «zum Kempfen» in der Freien Strasse stiess ich auf einen Stadtbuch-Text von Hans Bühler, der 1973 die Geschichte dieser Liegenschaft niedergeschrieben hatte.
Heute wüsste ich nicht, wie ich zu solchen Artikeln kommen sollte – es sei denn, ich würde jeden der 136 Stadtbuch-Jahrgänge durchblättern. Nun, das kann es ja wohl nicht sein.
Dominik Heitz ist Redaktor bei der Basler Zeitung.
Nathalie Unternährer: Im Stadtbuch gesucht – und gefunden
12. August 2021
Das Telefon klingelt. Die junge Frau am anderen Ende der Leitung fragt mich nach Informationen über das Mäzenatentum in Basel, sie schreibe ihre Maturaarbeit zu dem Thema. Die Lebensgeschichte von Christoph Merian ist schnell zur Hand, auch die wichtigsten Daten kenne ich aus dem Effeff. Doch weiteres Wissen dazu? Ich konsultiere das Stadtbuch und werde tatsächlich fündig, zuerst mit Chronikeinträge zu diversen Mäzenen (nur Männer!):
18. November 1934: «† Dr. iur. Carl Stehlin (75jährig) bedeutender Universalgelehrter und Mäzen, Erforscher des römischen Augst und Begründer des historischen Grundbuchs, Mitglied des Grossen Rates von 1892 bis 1905 …»
26. Mai 1999: «† Prof. Dr. h.c. mult. Paul Sacher (93), Musiker und Dirigent, Roche-Grossaktionär, Förderer zeitgenössischer und alter Musik, Mäzen, dessen aussergewöhnlicher Grosszügigkeit Basels Kulturleben vieles zu verdanken hat, unter anderem das zum 100-Jahr-Jubiläum der Roche eröffnete Museum Jean Tinguely.»
11. Mai 2010: «Millionengeschenk für den Basler Zolli: Der Mäzen Matthias Eckenstein-Geigy spendet rund fünfundzwanzig Millionen Franken und ermöglicht damit den Bau einer grosszügigen Affenanlage.»
Daneben finde ich mehrere Stadtbuchartikel aus dem Jahr 1999 zum Thema «Kultur, Mäzene und Politik», darunter Gespräche mit dem damaligen Kulturverantwortliche des Kantons, Andreas Spillmann, und der Roche-Erbin Maja Oeri.
Den Link zum digitalen Stadtbuch schicke ich der Maturantin und ermutige sie, dort auch andere Themen zu recherchieren.
20. August 2021
An einer Tagung soll ich ein Referat über die Förderung des Kulturjournalismus halten – ein Thema, das unter den Nägeln brennt, seit die grossen Zeitungen im Zuge von Sparrunden auch die Kulturredaktionen verkleinert haben. In Basel wurde es zum Stadtgespräch, als die TagesWoche, die viel über die Basler Kultur berichtet hatte, ihren Betrieb einstellen musste. Wann war das schon wieder?
In der Chronik findet man zwar die Meldung über die erste Ausgabe der TagesWoche von 28. Oktober 2011. Doch um zu wissen, wann die Zeitung ihren Betrieb eingestellt hat, muss man das Stadtbuch-Dossier «Basler Medienlandschaft – Wandel als Konstante» von 2019 lesen. Unglaublich wie stark sich die Basler Medienlandschaft in kurzer Zeit verändert hat.
11. September 2021
Mein Sohn will unbedingt wissen, wann die Wettsteinbrücke gebaut wurde. Ähhhh … Zum Glück gibt es das digitale Stadtbuch. Eine Recherche bringt so einiges zu Tage, u.a. über Unfälle:
24. Juli 1903: «Kurz nach 7 Uhr abends wurde ein in sehr raschem Lauf die Wettsteinbrücke hinauf fahrendes Automobil nach links abgelenkt, sprang auf das Trottoir, durchbrach das Geländer und stürzte in den Rhein. Die beiden Insassen wurden bei der Kaserne ans Land gebracht und kamen mit unbedeutenden Verletzungen davon.»
12. April 1904: «Nachts nach 10 Uhr zerschellt an einem Pfeiler der Wettsteinbrücke ein Kahn mit 3 Insassen. Es verloren von den letztern drei Mann ihr Leben in den Wellen.»
Sogar ein Schwimmbad wurde bei der Wettsteinbrücke geplant. 30. April 1907: «Von Anstössern und Nachbarn der Anlage bei der Wettsteinbrücke wird ein Referendum inszeniert gegen den Grossratsbeschluss vom 18. ds. betr. den Bau eines Schwimmbades in diesen Anlagen.»
Und schliesslich findet man im Stadtbuch 1995 auf drei Seiten historische Fotos und alles Wissenswerte über die Wettsteinbrücke. 1879 wurde die erste Brücke eingeweiht, 1995 die jetzige, entworfen vom Architekturbüro Bischoff + Rüegg. Und auch auf das Modell der nicht gebauten Calatrava-Brücke kann man einen Blick werfen.
Nathalie Unternährer ist Leiterin Abteilung Kultur der CMS